Es ist soweit! Eine neue Rubrik zieht ein bei GESCHENKMAMSELL: Das Bloggespräch. Das erste Gespräch führe ich mit Katja Mai, Gründerin des Labels HAPPY DATES. Katja und ihre Schwester Jenny haben sich dem Thema „Zeit schenken“ verschrieben. Ein Geschenk, das ich immer ein wenig mit gemischten Gefühlen betrachte.
Liebe Katja, das Thema “Zeit schenken” erfreut sich in den letzten Jahren einer immer größeren Beliebtheit. Dich und deine Schwester begeistert das Thema so sehr, dass ihr ein Label gegründet habt. Was genau ist die Idee hinter HAPPY DATES?
Liebe Melanie, erstmal herzlichen Dank für Deine Einladung und damit auch für Deine geschenkte Zeit! Ich bin sehr gespannt, welche Erfahrungen bei Dir diese gemischten Gefühle hervorrufen.
Auch wenn meine Schwester und ich sehr verschieden sind und in ganz anderen Lebensphasen stecken, sind wir uns in dieser Sache einig: Wir lieben kleine Erlebnisse, die den Alltag zu etwas Besonderem machen. Wir haben schon immer super gern “Zeit” verschenkt und uns auch explizit gewünscht. Mit der Vollbremsung durch Corona haben das viele wieder zu schätzen gelernt. Die Klimakrise fördert ebenfalls, den Konsum zu hinterfragen.
Krisen waren aber nicht der Auslöser für HAPPY DATES – das war die große Begeisterung von zwei Brautpaaren. Ich habe Freunden, die geheiratet haben, jeweils ein Zeitgeschenk für das erste Ehejahr gebastelt. Sie wurden Monat für Monat in ihrer jeweiligen Stadt mit einem kleinen Abenteuer überrascht, das zu ihnen passte und leicht realisierbar war. Motiviert durch deren Feedback und der großen Lust etwas Kreatives umzusetzen, habe ich verschiedene Konzepte skizziert und Entwürfe gezeichnet. Mit meiner Schwester haben wir dann unser erstes Produkt – eine Box mit 12 verschiedenen Rubbelkarten – entwickelt. Diese kann nun als Hochzeitsgeschenk, aber auch für viele andere Gelegenheiten genutzt werden, da die Karten Jede:r individuell beschriftet. Und durch die Rubbelsticker ist die Überraschung garantiert. Darüber hinaus haben wir begonnen, Date-Ideen zu veröffentlichen. Unsere Mission ist es, “Zeit schenken” einfach leichter zu machen.
Melanie, verrätst Du mir Dein schönstes Erlebnis, das Du selbst verschenkt oder geschenkt bekommen hast?
Das ist echt eine schwierige Frage. Ich muss dazu sagen, dass ich ein total schlechtes Gedächtnis bzw. Erinnerungsvermögen habe. Spontan fällt mir mein Geburtstag 2011 ein. Wir waren in Hamburg unterwegs: Im Panoptikum, am Hafen und am Abend zu einem mehrgängigen Essen im Hotel Hafen Hamburg. Dazu muss ich allerdings sagen, dass dem Mann und mir unsere Geburtstage heilig sind. Wenn möglich nehmen wir den Tag frei und verbringen ihn entspannt zusammen. Der Geburtstag 2011 war unser erster gemeinsamer Geburtstag.
Ein weiteres sehr schönes Zeitgeschenk aka Erlebnis war meine erste Fußreflexzonenmassage. Wenn ich daran zurückdenke, fühle ich mich direkt wieder auf Wolke sieben.
Zum Ausgleich wüsste ich jetzt aber auch gerne dein schönstes Erlebnis aka Zeitgeschenk …
Huiui, ich habe unendlich viele wunderbare Erinnerungen, da wir das in der Familie (gefühlt) schon immer zelebrieren! Mhh, wo fange ich an?
Mit meiner Schwester war unser erstes gemeinsames Zeitgeschenk, als sie süße 16 war: ein Wochenende Barcelona – ein Geschenk unserer Eltern. Eine tolle, lebendige Stadt am Meer und eine spaßige Zeit für uns zwei. Kurztrips finde ich sowieso super zum Verschenken für meinen Partner oder die Familie. Gerade haben mein Mann und ich in einer Windmühle übernachtet – von solchen besonderen Erlebnissen können wir lange zehren.
Ein Zeitgeschenk muss aber auch nichts kosten. Zu Weihnachten habe ich mir witzige Paar-Challenges für ein ganzes Jahr überlegt und unseren Eltern, meiner Schwester und ihrem Freund sowie meinem Mann und mir geschenkt. Jeden Monat gibt es eine neue Aufgabe, die von allen Paaren freiwillig gelöst werden kann. Die Ergebnisse teilen wir jeweils in unserer Familienrunde per Foto oder Video. So bleiben wir auch über Kilometer hinweg verbunden und haben alle einen Riesenspaß.
Ein für mich unvergessliches Zeitgeschenk habe ich unserer Omi gemacht. Sie hatte oft gesagt, dass sie über ihr Leben ein Buch schreiben könnte. Und das habe ich ihr geschenkt: gemeinsame Zeit, um ihre Geschichte aufzuschreiben. Sie ist ein Flüchtlingskind aus Schlesien und seit fast 80 Jahren von ihrer Heimat weg. Es hat sie unendlich viel Kraft gekostet, mir ihre erschütternden Erlebnisse, aber auch ihre schönen Kindheitserinnerungen an ihre Heimat zu erzählen. Ich bin ihr unendlich dankbar, dass sie all das mit mir geteilt hat. Da sie vorher mit niemandem darüber gesprochen hatte, war das fertige Buch für uns alle ein großes Geschenk, das uns sehr berührte.
Ich verbinde mit “Zeit schenken” durchweg Positives. Als Wunsch ist es für mich die erste Wahl und wenn es passt, verschenke ich auch gern Zeit.
Melanie, Du hattest von gemischten Gefühlen berichtet. Verrat mir doch, was schätzt Du am “Zeit schenken” und welche Erfahrungen hast Du gemacht, die sich für Dich nicht so glücklich angefühlt haben?
Wow, bei der Geschichte mit deiner Omi hatte ich direkt Tränen in den Augen. So ein schönes Geschenk. Ich muss direkt noch kurz eine Geschichte erzählen, die mir spontan dazu einfällt. Zu Unizeiten war ich mit Kathi befreundet. Ihre Omi wurde 90 und wünschte sich einen Tag im Alltag mit ihr. Schwierig, denn die 89-jährige lebte in einem Heim. 500 km von Münster entfernt. Wir haben Kathi dann mit mehreren Freunden einen Tag lang begleitet. 24 Stunden lang. Und alle 10 Minuten haben wir Fotos gemacht. Analog wohlgemerkt. Aus den schönsten Bildern hat Kathi dann ein dickes Buch gezaubert. Das war ihre Art, ihrer Omi Zeit zu schenken. Das Buch wurde sieben Jahre später übrigens auf Wunsch der alten Dame mit ins Grab gelegt. Es war ganz schön zerlesen.
Aber das nur am Rande. Was ich am “Zeit schenken” schätze? Die gemeinsamen Erinnerungen, die man danach hat.
Die Erfahrungen mit dem Thema, die für mich nicht so glücklich waren, betreffen mich tatsächlich nur indirekt. Ich spule noch mal zurück zu meiner Unizeit. Eine Freundin ist während des Studiums ungeplant schwanger geworden. Sie und ihr Freund haben geheiratet. Im vierten Semester, wo der Großteil von uns ein normales Studentenleben hatte, waren die drei plötzlich eine Familie. Nach ihrem – ich glaube, es war der 22. – Geburtstag saß ich mit der Freundin zusammen und sie hat Rotz und Wasser geweint. Fast alle Freunde hatten Zeit geschenkt. Ein Freund wollte mit ihr ins Kino, eine Freundin zum Asiaten. Ihre engste Freundin hatte sogar einen Kurztrip geschenkt. Was keiner berücksichtigt hatte: Für jedes Geschenk musste sie sich Zeit nehmen, sich mit dem Mann absprechen und gegebenenfalls einen Babysitter organisieren. Und dann war da auch noch die Uni und die Lernerei … Dieses Gespräch hat bei mir Spuren hinterlassen. Und deshalb bin ich zwiegespalten, wenn es ums Thema “Zeit schenken” geht.
Ich schätze mal, wenn du dich entscheiden müsstest zwischen einem Zeitgeschenk und einem Sachgeschenk, würdest du dich fürs Zeitgeschenk entscheiden? Falls ja, welches Sachgeschenk würde dich umstimmen?
Entscheidungen fallen mir grundsätzlich nicht leicht, aber in diesem Fall ist es eindeutig: Ich wähle ein Zeitgeschenk. Zum einen, weil ich Erlebnisse so bereichernd finde und ich damit mein Leben intensiver spüre und genieße. Zum anderen, weil mich materielle Dinge belasten.
Es muss auch nicht zwangsläufig gemeinsame Zeit sein und sollte zum Anlass passen. Das zeigt ja auch Deine wundervolle Geschichte über das Geschenk für die 90jährige Oma. Deine Freundin vom Studium, die junge Mutter, hätte sich sicher über einen “Kinderwagen schieben” oder “Einmal Kochen”-Gutschein gefreut. Ich finde es wichtig, beim Schenken nicht nur von sich selbst auszugehen, sondern sich in die andere Person und deren Situation hineinzuversetzen und im Zweifel lieber nachzufragen, was sie oder er braucht.
Mhh, über welches Sachgeschenk freue ich mich dennoch? Auf jeden Fall über Bilder oder Gebasteltes meiner Kinder – indirekt schenken sie mir damit auch ihre Zeit und ich habe große Freude daran, wenn diese dann unseren Kühlschrank zieren.
Von meiner Schwester habe ich mir ein Blumentopf-Abo gewünscht. Ihre Wohnung ist ein kleiner Dschungel – alles selbstgezogene Pflanzen. Davon bin ich weit entfernt und so darf zu meinem Geburtstag immer ein kleiner, grüner Freund von ihr bei mir einziehen. Ok, bei diesem Geschenk steckt auch Liebe und Zeit drin. Übrigens finde ich Blumentöpfe immer besser als Sträuße, da ich einfach länger was davon habe. Oder ein gepflückter Wildblumenstrauß – darüber freue ich mich tausendmal mehr als über einen gekauften.
Ah, mir fällt noch ein ganz besonderes Geschenk ein: Als ich für ein halbes Jahr in Australien war, haben mir meine Eltern eine CD geschickt. Darauf waren Videos aus meiner Kindheit, die sie damals noch analog und ohne Ton aufgenommen und nun für mich digitalisiert hatten. Das hat mich total gerührt. Auch wunderbare Erinnerungen hat ein Geschenk meines Mannes geweckt: Eine Platte meiner Jugend-Lieblingsband “The Bates”.
Von meiner Freundin habe ich jeweils zur Geburt meiner Töchter einen kleinen personalisierten Ketten-Anhänger bekommen – diese trage ich noch heute. Das ist der Beweis, es gibt also Sachgeschenke, die mich glücklich machen. Aber irgendwie haben sie doch alle etwas mit Zeit oder Erinnerungen zu tun.
Welcher Geschenke-Typ bist Du, Melanie? Welches Geschenk lässt Dein Herz höher schlagen?
Ja, ich hätte dir auch eher das Zeitgeschenk zugeordnet. Es ist so schön, wenn du über das Thema sprichst – oder wie in diesem Fall schreibst. Da geht mir das Herz auf.
Deine Frage, welcher Geschenke-Typ ich bin, lässt sich nicht so leicht beantworten. Ich mag es, wenn ich merke, dass mein Gegenüber sich Gedanken gemacht hat. Probleme habe ich mit Verlegenheitsgeschenken. Da bekomme ich dann lieber nichts – oder nur eine Karte. Oder Blumen. Im Gegensatz zu dir und vielen anderen, die ich kenne, liebe ich nämlich Blumensträuße. Ich mag die Farbe, die sie in die vier Wände bringen. Da kommt leider keine Topfpflanze mit.
Ein Geschenk, das mein Herz hat höher schlagen lassen? Ein DIY-Leseknochen, den ich vor ein paar Jahren von meiner Schwester zu Weihnachten bekommen habe. Darüber habe ich mich mega gefreut.
Insgesamt mag ich besondere Geschenke. Keine Massenware. Ich selbst kaufe beispielsweise nie bei Amazon ein. Und ich freue mich, wenn Menschen ein Geschenk für mich ebenfalls nicht dort kaufen, sondern in einem kleinen Laden oder direkt beim Label.
Liebe Katja, ganz lieben Dank für dieses wunderbare, erste Bloggespräch. Ich habe ein komplett neues Bild vom Thema “Zeit schenken”. Ich wünsche dir, deiner Schwester und HAPPY DATES alles Gute für die Zukunft.
Katja Mai ist die Gründerin von HAPPY DATES. Sie ist überzeugt: “Zeit statt Zeug” schenken macht glücklicher. Gemeinsam mit ihrer Schwester bietet sie einzigartige Rubbelkarten und ganz viele Ideen, um “Zeit schenken” einfacher zu machen.